In der Diskussion im Syntegrations-Thread erlebe ich die SPÖ bürgernah und transparent.
Wie erklärt sich dann in den Bezirksblättern die herbe Kritik der Grünen an der SPÖ mit folgendem Wortlaut: "Am 12. Jänner hätte der NÖ Landtag das größte Demokratiepaket für Niederösterreich seit 1945 schnüren können. Die SPÖ stimmte aber gegen die Ausweitung des Mitspracherechts für BürgerInnen."
Wie kann man das verstehen?
so ein bissl einblick in die landespolitik hab ich ja schon auch *g* - und ich kann nur sagen: gegen die zustände im land ist unsere gemeinde wirklich bürgerInnennah!
landesregierungsbeschlüsse sind offenbar streng geheim - sogar das stimmverhalten der einzelnen landesregierungsmitglieder! auch wir (landtagsclub) bekommen nur eine zusammenfassung der beschlüsse - und auf regelmäßige anfrage, was sich dahinter verbirgt, die antwort: schmecks, geht euch nix an. und in der landesregierung werden (leider) die ganzen "schmankerln" beschlossen (div. zuschüsse etc.).
die proporzgeschichte... ich bin prinzipiell der meinung, dass auf landesebene (eigentlich auch auf gemeindeebene) der proporz abgeschafft werden sollte. es ist schwierig, mitglied in einer regierung zu sein, ohne über eine mehrheit im parlament zu verfügen. also weg damit und klare abgrenzung zwischen regierung und opposition, sodass politische arbeit möglich ist.
aber klarerweise muss man auch drüber reden, wie die parteien, die dann nicht in der regierung sind, zu informationen kommen und natürlich muss auch übers geld geredet werden! insofern finde ich, dass bei der proporzdiskussion im landtag der ball bei der övp liegt - die kann ganz allein mit ihrer absoluten mehrheit die minderheitenrechte im landtag stärken und damit die voraussetzungen für die abschaffung des proporzes schaffen.
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Die Mehrheitspartei legt die Anzahl der Vizebürgermeister, die Anzahl der Stadträte und die Anzahl der Ausschüsse fest. Es gibt dafür jeweils Mindest- und Maximalanzahlen durch die NÖ Gemeindeordnung geregelt.
Die Besetzung des Stadrates erfolgt nach De'honte (schreibt man so oder so ähnlich) Das hängt mit der Wahlzahl zusammen und wird lt. Stimmen die auf jede Partei entfallen sind berechnet.
Die Stadträte haben eigentlich nichts zu sagen (gegenüber der Verwaltung), ausser es wurde eine Delegationsverordnung (BGM defniert was wer wem sagen darf) vom BGM festgelegt.
Daher, wie ist Deine Definition der Regierung im Gemeinderat?
lieber thp:
die Stadtregierung ist der Stadtrat - auch wenn, wie du sagst, der Stadtrat "nur im auftrag des Bürgermeisters" tut un waltet (ist icht viel anders mit der Landesregierung - oder glaubst du, dass ein/e LandesrätIn irgendwas durchbringt, wenn goodfather es nicht will?). Genau das ist die Krux - yes...
Ich glaub, dass es sogar in der Gemeinde Sinn hätte, den Proporz abzuschaffen. Wenn Parteien zusammenarbeiten wollen/sollen, dann sollte das in einem Koalitionsvertrag festgeschrieben sein, so wie im Bund.
Aber gleichzeitig müssten eben die Kontrollrechte der Opposition gestärkt werden. Und so, wie ich den ÖVP-Proporz-Abschaffungsantrag verstanden hab, war das nur ein "Versprechen" des LH. Aber gut - ich war nicht bei den Besprechungen im Vorfeld dabei, weiß also nicht, wie detailliert dieses Versprechen schon war.
Habe gestern im "Öffentlichkeits" - Ausschuß von der Verwaltung einen ziemlichen Rüffel bekommen, dass alles, was da gesagt wird, automatisch der Amtsverschwiegenheit unterliege, vulgo "geheim" sei.
Also, dass man mit "ungebackenen" Projekten in der Kommunikation sensitiv ist - vor allem, wenn sie einem am Herzen liegen ;-) - dass ist ja wohl klar. Aber ein genereller "Maulkorb" schmeckt mir gar nicht. Hab' ich auch ziemlich lautstark kundgetan.
Lt. Gemeindeordnung sind Ausschußsitzungen "nicht öffentlich" lt. §57(2). IMHO heißt das, dass man eine Einladung braucht, aber nicht automatisch, dass keiner darüber etwas sagen darf. Das geht schon (es kann ja durchaus einzelne Punkte geben, die heikel sind), müßte dann aber extra beschlossen werden, analog §47(4) "Der Gemeinderat kann bei nichtöffentlichen Sitzungen außerdem die Vertraulichkeit der Beratung und Beschlußfassung beschließen."
Ist das vielleicht nur eine gute Ausrede, die Bürger nicht vorab über geplante Beschlüsse zu informieren, weil man das "ja gar nichts sagen darf"?
Oder liege ich hier falsch, es ist eh alles immer supergeheim und daher intransparent?
Wenn Du verstehst, sind die Dinge wie sie sind. Wenn Du nicht verstehst, sind sie, wie sie sind. - ZEN Spruch
Viele kluge Köpfe haben sich zu diesem Thema schon Gedanken gemacht, vor allem der Sozialwissenschaftler Georg Simmel.
Aus einem Essay zum Thema "Transparenz und Geheimnisse" habe ich die zum Thema relevanten Passagen kommentarlos herauskopiert, vielleicht kann der nachfolgende Text, als Diskussionsimpuls dienen:
Geheimnisse sind antidemokratisch
Der grundsätzlich antidemokratische Charakter des Geheimnisses ist augenfällig. Wer durch Geheimnisse von Informationen ausgeschlossen ist, der ist auch von sinnvoller Mitbestimmung ausgeschlossen.
So ist
“die Benutzung des Geheimnisses innerhalb des aristokratischen Regimes nur die äußerste Steigerung jener sozialen Abschließung und Exemtion, derentwegen die Aristokratie einer allgemeinen, fundamental festgelegten Gesetzgebung zu widerstreben pflegt.”
“Im Gegensatz dazu ist mit dem demokratischen Prinzip das der Öffentlichkeit verbunden und, in der gleichen Gesinnung, die Tendenz auf allgemeine und Grundgesetze.”
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Geheimnisse deuten auf Schwäche und Unreife hin
Simmel zeigt auch eine historische Entwicklung auf, die das Staatsgeheimnis zum Relikt mangelhafter und unterentwickelter Staatsformen macht:
“Dagegen pflegen die Träger der öffentlichen Interessen sich in Staatswesen früherer Zeit in eine mystische Autorität zu hüllen, während ihnen in reiferen und größeren Verhältnissen durch die Ausdehnung ihres Herrschaftsbezirkes, durch die Objektivität ihrer Technik, durch die Distanz von jeder Einzelperson eine Sicherheit und Würde zuwächst, die sie die Öffentlichkeit ihres Gebarens vertragen läßt.”
“Noch im 17. und 18. Jahrhundert verschwiegen die Regierungen aufs ängstlichste die Beträge der Staatsschulden, die Steuerverhältnisse, die Kopfzahl des Militärs...”
Bemerkenswert ist die Beobachtung, dass ein Staatswesen, das transparent und öffentlichkeitsverträglich handelt, ein reiferes und sichereres Staatswesen ist als eines, dessen Gebaren vor den Augen der Öffentlichkeit verborgen werden muss, weil es schwach und unzulänglich ist.
Ein Staat, der seinen Gesetzen und Prinzipien gemäss handelt, braucht wenig zu verbergen, denn seine Handlungen sind ohnehin vorhersagbar und können jederzeit gerechtfertigt werden. Ausufernde Geheimniskrämerei ist ein Merkmal von unterentwickelten Unrechts- und Willkürstaaten.
Um es mit Simmel zu sagen:
“Das Geheimnis gleicht schließlich nur dem Schutz, den man durch Abhalten von Störungen gewinnt, und macht deshalb zweckmäßigerweise dem andern Platz: nämlich dem durch die Kraft, die den Störungen gewachsen ist.
Das schwache Neue verbirgt sich
Unter diesen Aspekten erscheint es nur natürlich, dass insbesondere das schwache Neue sich verbirgt, wenn es Repression zu fürchten hat.
Die geheime Gesellschaft ist unter diesen Umständen die angemessene soziale Form von Inhalten, die sich noch gleichsam im Kindesalter, in der Verletzlichkeit früher Entwicklungsperioden befinden.
Die junge Erkenntnis, Religion, Moral, Partei, ist oft noch schwach und schutzbedürftig, und darum verbirgt sie sich.”
Dass dies in unserer Gesellschaft meist nicht mehr nötig ist, spricht dafür, dass unsere Grundrechte auch dem Neuen viel Freiheitsraum zur Entwicklung geöffnet haben. Wie viele Beispiele zeigen, ist dieser Freiheitsraum jedoch umso begrenzter, je mehr das Neue alte Besitzstände bedroht oder mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Konflikt gerät.
Das sterbende Alte flüchtet ins Geheimnis
Faszinierender weise trifft das nicht nur auf das Junge, sondern auch auf das aussterbende Alte zu:
“Denselben Schutz wie der aufsteigenden gewährt [der Geheimbund] auch der absteigenden Entwicklung.
Gesellschaftlichen Bestrebungen und Mächten, die von neu aufkommenden verdrängt werden, liegt die Flucht in das Geheimnis nahe, das sozusagen ein Übergangsstadium zwischen Sein und Nichtsein darstellt.
Als mit dem Ende des Mittelalters die Herabdrückung der deutschen Gemeindegenossenschaften durch die erstarkenden Zentralgewalten begann, entfaltete sich in ihnen ein umfassendes Geheimleben: in verborgenen Versammlungen und Verträgen, in geheimer Uebung von Recht und von Gewalt - wie Tiere den Schutz des Versteckes aufsuchen, wenn sie zu sterben gehen.”
Auch dies ist heutzutage in einer alternden und sich schnell wandelnden Gesellschaft hochaktuell, in der sich in Politik und Wirtschaft “Kartelle der Angst” bilden, die beispielsweise wie die “Contentmafia” versuchen, aussterbende Geschäftsmodelle durch Repression am Leben zu halten und dieses zunehmend im Verborgenen organisieren.
Ich habe gerade gestaunt: Georg Simmel hat 1858-1918 gelebt - und seine Gedanken sind erstaunlich aktuell.
Die Frage ist für mich: Wem nützen Geheimnisse? Im allgemeinen wohl denen, die sie hegen!
Wenn unsere demokratisch gewählten Vertreter, die wir dazu gewählt haben, dass sie unsere Interesssen vertreten, vor uns Geheimnisse haben (und das haben sie aktueller Weise nicht zu knapp) - was kann man davon nur halten?
Mein einzige Idee dazu ist: Sie schützen ihre eigenen Interessen.
Da geht's um Macht (und ihre Verteidigung), Verbergen und Vertuschen von Fehlern und Versäumnissen, und - an der Spitze des Eisbergs - persönliche Interessen und Bereicherung.
@mschabl: Was macht der "Öffentlichkeits-Ausschuss"? Verhandelt darüber, was nicht öffentlich werden soll? Oder geht's um die Frage "wie sag's ich's meinem Bürger"? Würde mich wirklich interessieren.
Nein, ist nicht klar. Es geht nicht um die Privatangelegenheiten von Privatpersonen*), sondern um Menschen und Organisationen, die mit MEINEM/UNSEREN Geld agieren.
Ich will nicht mein Geld Leuten in die Hand drücken, die anschließend heimlich damit etwas machen wollen, was nicht in meinem Interesse liegt.
Und übrigens: Man muss "ungebackene" Projekte nicht heimlich fertigbacken, man könnte sie sogar öffentlich zur Diskussion stellen und so gut (oder noch besser) zu Ende bringen.
*) Spannender Weise wird gerade der Schutz der Privatsphäre des Einzelnen zunehmend angeknabbert, und das mit den fadenscheinigsten Argumenten. Eine seltsame Umkehr: Die öffentliche Verwaltung umgibt sich mit Geheimnissen, die Privatperson wird zunehmend ausgehorcht.